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WIENER KÜCHE     >>

Beginnen wir mit dem Süßen: Wer kennt sie nicht? Apfelstrudel, Marillenknödel, Topfenpalatschinken, Sachertorte, Malakofftorte, Zwetschkenkuchen, Faschingskrapfen, Powidltascherl, Mohnnudeln, Germknödel? Ja, es ist kein Klischee: Die Wiener Küche hält viele Süßspeisen bereit. Und sie sind natürlich eine Sünde wert.

Seit dem 19. Jahrhundert wird in Wien der Begriff Mehlspeisen generell für Süßspeisen verwendet, auch wenn gar kein Mehl enthalten ist. Bedingt durch das strenge Fastengebot der katholischen Kirche hatten sich zahlreiche Alternativen zu Fleischgerichten oder dem teuren Fisch entwickelt, dazu gehörten Knödel, Nocken, Nudeln, Schmarren, Strudel, Salzgebäck, Dalken, Buchteln und Palatschinken (Pfannkuchen, Crêpe).

Sollten Sie in Wien auf der Suche nach Süßspeisen sein, so haben Sie etwas falsch gemacht. Denn die Vermeidung von Süßspeisen ist das Seltene. Stets ist man von Versuchungen umgeben: Konditoreien, Cafés, Bonbon-Geschäfte, Schokoladen-Feinkostgeschäfte, Bäckereien. Und kein Restaurantbesuch ohne die letzte, alles entscheidende Frage des Kellners: A Nochspeis, der Herr? Nein danke, die Rechnung bitte. Wieder ein paar hundert Kalorien gespart. Außerdem liegt die Konditorei Aida auf dem Weg…..

ESSEN UND TRINKEN IN WIEN

Essen und Trinken in Wien, das ist eine unendlich lange Geschichte. Nicht wegen der Nachfrage, sondern wegen des riesigen Angebotes. Die Wiener Küche speist sich ja aus zahlreichen Küchentraditionen: der tschechischen, slowakischen, südslawischen, jüdischen, ungarischen, italienischen, französischen, deutschen und böhmischen Küche.
Die Wiener Küche ist sehr stark geprägt durch die Einflüsse der Zuwanderer aus den Zeiten der K. und K. Monarchie. Die Lage am Rande von Böhmen, Mähren und Ungarn spiegelt sich auch in den Speisekarten wider.

Der Zucker im Salat ist ungarische Tradition. Ebenso der Strudel (z.B. Apfelstrudel, Topfenstrudel), dessen hauchdünne Haut aus Teig eigentlich der türkischen Küche entstammt. Das Powidl im Germknödel, die Mehlspeisen, die Golatschen, die Palatschinken sind eindeutig böhmischer Einfluss. Die Panier auf dem Wiener Schnitzel aus Italien. Topfenhaluska und der Primsen aus der Slowakei. Und so fort.

Diese mtteleuropäische Globalisierung des Geschmacks war so erfolgreich, dass sogar McDonalds, WangJang und Co. die Gaumen nur vorübergehend betören konnten. Die Wiener Küche lebt und gedeiht, heute mehr denn je. Denn zahlreiche Gastronomen besinnen sich wieder des Ursprungs, renovieren alte Beiseln sanft, legen Tischtücher auf und servieren Speisen, die man von Großmuttern kennt und liebt. Sie stoßen dabei auf rege Gegenliebe. Nicht immer ist sie so innig, wie in dem folgenden Gedicht von Josef Weinheber.

Josef Weinheber, aus „Wien wörtlich“ (1935)

Der Phäake, (1935)

 Ich hab sonst nix, drum hab ich gern
 ein gutes Papperl, liebe Herrn:
 Zum Gabelfrühstück gönn ich mir
 ein Tellerfleisch, ein Krügerl Bier,
 schieb an und ab ein Gollasch ein,
 (kann freilich auch ein Bruckfleisch sein),
 ein saftiges Beinfleisch, nicht zu fett,
 sonst hat man zu Mittag sein Gfrett.
 Dann mach ich – es is eh nicht lang
 mehr auf Mittag – mein‘ Gesundheitsgang,
 geh übern Grabn, den Kohlmarkt aus
 ins Michaeler Bierwirtshaus.
 Ein Hühnersupperl, tadellos,
 ein Beefsteak in Madeirasoß,
 ein Schweinspörkelt, ein Rehragout,
 Omletts mit Champignon dazu,
 hernach ein bisserl Kipfelkoch
 und allenfalls ein Torterl noch,
 zwei Seidel Göß – zum Trinken mag
 ich nicht viel nehmen zu Mittag –
 ein Flascherl Gumpolds, nicht zu kalt,
 und drei, vier Glaserl Wermut halt.
 Damit ich’s recht verdauen kann,
 zünd ich mir mein Trabukerl an
 und lehn mich z’rück und schau in d‘ Höh,
 bevor ich auf mein‘ Schwarzen geh.
 Wann ich dann heimkomm, will ich Ruh,
 weil ich ein Randerl schlafen tu,
 damit ich mich, von zwei bis vier,
 die Decken über, rekreir.
 Zur Jausen geh ich in die Stadt
 und schau, wer schöne Stelzen hat,
 ein kaltes Ganserl, jung und frisch,
 ein Alzerl Käs, ein Stückerl Fisch,
 weil ich so früh am Nachmittag
 nicht schon was Warmes essen mag.
 Am Abend, muß ich Ihnen sagn,
 eß ich gern leicht, wegn meinen Magn,
 Hirn in Aspik, Kalbsfrikassee,
 ein kleines Züngerl mit Püree,
 Faschiertes und hin und wieder wohl
 zum Selchfleisch Kraut, zum Rumpsteak Kohl,
 erst später dann, beim Wein zur Not,
 ein nett garniertes Butterbrot.
 Glaubn S‘ nicht, ich könnt ein Fresser wern,
 ich hab sonst nix, drum leb ich gern,
 kein Haus, kein Auto, nicht einmal
 ein G’wehr im Überrumplungsfall.
 Wenn nicht das bissel Essen wär – –
(Stimme des Volkes)
 Segn S‘, deswegen ham S‘ nix, liaber Herr!

Rezepte:

Erdäpfelsalat
Eines gleich vorweg: Mayonnaise verboten!! Man nehme festkochende Kartoffel, am besten von der Sorte Kipfler, koche sie, schneide sie in Scheiben und übergieße die noch warmen Stücke mit einer Marinade aus Esig, Öl, Pfeffer, Salz, Zwiebel und Rindsuppe. Die warmen Kartoffel saugen die Marinade gut auf. Auskühlen und fertig. Ein Muss zu Schnitzel, Backhuhn, gebackenem Fisch.

Tafelspitz
Das Schwanzstück vom Rind wird auf niederer Temperatur (wichtig!) mit Wurzelgemüse und Suppengrün gesiedet, sodass das Fleisch seinen Geschmack behält, aber auch Suppenbrühe entsteht. Serviert mit Kren (Meerrettich), Apfelkren, Semmelkren. Dazu vorzugsweise Erdäpfelschmarren.

Kaiserschmarren
Er ist der bekannteste Vertreter der Süßspeisen der Wiener Küche und wird aus Palatschinkenteig gemacht. Der flüssige Teig aus Mehl, Milch, Eiern und etwas Zucker und Salz wird in einer Pfanne auf mittlerer Hitze in Butter gebacken, bis die Unterseite fest ist. Dann wird der Teig mit Kochlöffeln in kleine Stücke gerissen und wiederholt vorsichtig gewendet, bis er fertig ist. Staubzucker, Rosinen, mit Zwetschkenröster oder Kompott servieren.

Das Beuschel
Beuschel wird aus Lungen und Innereien wie Herz, Zunge, Milz und Niere von Schaf, Ziege, Rind und Schwein hergestellt. Lunge und Innereien werden in einem Sud aus Wasser, Essig, Zucker, Salz, Pfefferkörnern, Lorbeerblatt und Zwiebeln gargekocht. Danach siebt man die Würzmittel heraus und schneidet die Innereien in feine Scheibchen oder Streifen. Der Sud wird mit einer braunen Einbrenn (Mehlschwitze; mit Butter oder Schmalz erhitztes Mehl, abgelöscht und glattgerührt mit kaltem Wasser) gebunden. Zur Verfeinerung kann man etwas Obers oder Crème fraîche verwenden. Wird mit Semmelknödel serviert.

Beuschel ist in Wien das Synonym für Lunge. Eine starke Zigarette nennt man Beuschelreisser.

Apfelstrudel
Apfelstrudel ist eine längliche Rolle aus Strudelteig, die mit Apfelstückchen, Zimt, Zucker, Rosinen und gerösteten Semmelbröseln gefüllt ist. Der Strudel kommt ins Backrohr und wird dort auf niedriger Temperatur gebacken. Anschließend heiß serviert und mit Staubzucker angezuckert. Schlagobers und andere Zutaten wie Vanilleeis entsprechen nicht der klassischen Tradition. Die Kunst des Strudelmachens besteht darin, den Teigs o dünn zu machen, dass er durchsichtig wird. Die Äpfel sollten säuerlich sein.

Gulasch
Gulasch ist ein Ragout aus Rindfleisch, Schweinefleisch oder Kalbfleisch.
Für das klassische Wiener Gulasch nehmen wir Wadschinken vom Rind. Man schneidet ihn in Würfel, bestaubt die Stücke mit Mehl und brät sie mit Öl oder Schmalz an. Dazu gibt man einen gleich großen Gewichtsanteil an Zwiebeln, die man getrennt hellbraun geröstet hat. Fleisch und Zwiebel werden gemischt und mit Paprika, Salz, Pfeffer, Kümmel, Majoran und Knoblauch gewürzt. Eventuell kann man auch Tomatenmark zugeben. Das Ganze wird fast ohne Flüssigkeitszugabe geschmort, bis das Fleisch zart ist und die Zwiebel zerfallen sind. Mann kann auch Rotwein, Wasser und ein Stück altes Brot hinzufügen, das in der Sauce aufgeht.